April 25, 2024

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Deutschland, digitale Wüste |  Deutschland |  Neues und ausführliche Berichterstattung aus Berlin und darüber hinaus |  DW

Deutschland, digitale Wüste | Deutschland | Neues und ausführliche Berichterstattung aus Berlin und darüber hinaus | DW

Elster, Deutschlands einzige kostenlose, staatlich zugelassene Steuervorbereitungssoftware, fiel Anfang dieser Woche aus. Es konnte die Hunderttausende von Grundsteuererklärungen, die als Reaktion auf die Forderung der Regierung nach Neubewertungen eingereicht wurden, nicht bewältigen.

Ob fehlender Mobilfunk mitten in der Stadt, Faxgeräte in Arztpraxen oder online verfügbare Behördendienste: Deutschland ist in der technologischen Vergangenheit festgefahren.

Bundeskanzler Olaf Scholz ist scheinbar frei. Auf einer anderen öffentlichen Konferenz in Berlin lachte er darüber, dass die Deutschen stundenlang vor den Rathäusern warten mussten, um ihre Ausweise zu verlängern. „Ich kann nicht genau sagen, wann sich das ändert, weil ich weiß, wie es in Deutschland läuft“, sagte er.

Die meisten Dinge lassen sich in vielen Ländern bequem online erledigen – nicht so in Deutschland

Die FDP verspricht, Behördendienste online zu bringen

Tatsächlich ergab eine Umfrage des Internet-Branchenverbands EGO aus dem Jahr 2021, dass 71 % der Deutschen mit dem Zustand der digitalen Infrastruktur im ganzen Land unzufrieden sind.

Die wirtschaftsfreundlichen Freien Demokraten (FDP) versprachen im letztjährigen Wahlkampf, endlich ernst zu nehmen mit der Umsetzung eines Gesetzes namens Onlinezugangsgesetz 2020 (OZG), das vorschreibt, dass alle staatlichen Dienstleistungen bis Ende 2022 vollständig online sein müssen.

Jetzt kontrolliert die FDP das Digital- und Verkehrsministerium als Mitglied einer Koalitionsregierung mit Scholz‘ Mitte-Links-SPD und den Grünen.

Trotz ihrer Machtposition Ein aktueller Bericht des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Nur 80 der 575 Dienste sind teilweise online und nur 35 werden vor Januar nächsten Jahres vollständig online sein. Auch das kann als Erfolg gewertet werden, wenn man bedenkt, dass die Quote bei den Leistungen der Länder und Kommunen sehr schlecht ist.

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Außerdem stellte das IW fest, dass die Zahl der Online-Angebote mancherorts von 2021 auf 2022 zugenommen hat – etwa im östlichen Thüringen –, während sie in anderen sogar zurückgegangen ist. So haben beispielsweise in mehreren Kommunen im bevölkerungsreichsten deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen Kommunalverwaltungen im Jahr 2020 digitale Angebote aufgrund des Ausbruchs der Covid-19-Pandemie eingestellt.

Der Bundesrechnungshof hat Zweifel an der Berechnung der Digitalisierungsrate geäußert und der Koalition vorgeworfen, die Zahlen aufzublähen, indem Dinge berücksichtigt werden, die nur teilweise online sind.

Volker Wissing spricht ins Mikrofon

Volker Wissing von der FDP leitet das Bundesministerium für Digitalisierung und Verkehr

Zu komplex und resistent gegen Veränderungen

„Die Bundesregierung verzettelt sich darin, zu komplexe digitale Lösungen zu schaffen, die bestehenden einfachen Systemen keinen Nutzen bringen“, bietet IW eine mögliche Erklärung für die digitale Wüste.

In ihrem Bericht heißt es beispielsweise, die Regierung habe darauf bestanden, Blockchain-basierte IDs für digitale Start-ups einzuführen, die von betrieblichen Problemen geplagt wurden, obwohl das bestehende herkömmliche digitale Identitätssystem gut funktionieren würde.

Es gibt diejenigen, die Gesetzgeber und Bürokraten dafür verantwortlich machen, dass sie zu lange in ihren Wegen festgefahren sind.

2013 wurde die ehemalige CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel im In- und Ausland verspottet, weil sie das Internet „Neuland“ nannte. Hartmut Geiselmann, Fachredakteur des Branchenmagazins c*t, sagte dem Deutschlandfunk, die CDU habe „jahrelang“ auf den technologischen Fortschritt geschlafen.

Die Autorin Eva Wolfenkel sagte beim gleichen Experten-Roundtable, die Deutschen hätten Probleme mit einem tiefen Widerstand, mehr Geld auszugeben, und einer langjährigen Besessenheit von ausgeglichenen Haushalten. Zu diesem Zweck fürchten Gesetzgeber und Bürokraten mehr darüber, wie viel es kosten wird, eine digitale Infrastruktur zu entwickeln, als darüber, wie viel es langfristig kosten wird, sie zu verschieben.

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Ein weiteres kulturelles Problem ist ein allgemeines Misstrauen gegenüber Technologie, insbesondere wenn es um die Privatsphäre der Deutschen geht. „Die Menschen in Deutschland sind technikskeptischer als die Menschen in Ostasien“, ergab beispielsweise eine Studie der Otto Beisheim School of Management in Düsseldorf.

Laut dem Bericht, für den 700 Personen aus fünf Ländern befragt wurden, „fokussieren sich die Deutschen mehr auf Risiken als auf Vorteile“.

Fragmentierter Föderalismus

zu Süddeutsche Zeitung Technischer Redakteur Helmut Martin-Jung sagt, das föderale System biete auch Hindernisse.

„Die Verantwortung ist zwischen Bund, Ländern und Kommunen aufgeteilt“, schrieb er, wobei verschiedene Behörden sich weigerten oder einfach nicht in der Lage waren, miteinander zu kommunizieren, und mit einem komplexen Geflecht aus bürokratischen Ämtern und Vorschriften arbeiteten. .

Einige Entwicklungen zeichnen sich jedoch ab. Die FDP hat kürzlich einen neuen Plan vorgestellt, Deutschland bis 2030 mit Glasfaserkabeln zu versorgen – in anderen Ländern schon lange üblich –, was das manchmal schlechte WLAN des Landes drastisch verbessern würde.

Aber auch hier ist die neue Strategie bereits Gegenstand von Debatten zwischen verschiedenen Regierungsebenen darüber, wer für welche Teile der Umsetzung verantwortlich ist und wann sie durchgeführt werden sollten.

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